Industrie blickt sehr besorgt in die Zukunft

Industrie blickt sehr besorgt in die Zukunft

Neben den üblichen Konjunkturumfragen im Frühjahr und im Herbst hat es im Dezember eine dritte Befragung im Jahr 2022 gegeben – auch, um genaue Erkenntnisse über die Auswirkungen der Energiekrise für die heimische Wirtschaft zu bekommen. Gut ein Drittel der 150 VIV-Mitgliedsunternehmen hat sich an der zusätzlichen Umfrage zum Jahresende beteiligt. Anders als die Ergebnisse der IHK-Gesamtumfrage beschränkt sich die VIV-Befragung auf Industriebetriebe in den Kreisen Düren und Euskirchen.

Ungefähr ein Viertel der Befragten (27,2 Prozent) sprechen von einer guten Geschäftslage, vor knapp einem Jahr war das noch fast die Hälfte (46,2 Prozent). Besonders schlimm ist die Situation in der papiererzeugenden Industrie: Hier bewerteten im Frühjahr 2022 noch 72,7 Prozent der Unternehmen ihre Geschäftslage als gut. Bei der aktuellen Umfrage tat das nur ein Viertel der befragten Firmen, also 25 Prozent. Dramatischer ist die Lage nur noch in der Textilindustrie: Hier gehen 100 Prozent von einer Verschlechterung der Geschäftslage aus. Dazu passt, dass 42,6 Prozent aller Unternehmen von einer Verschlechterung ihrer Umsätze sprechen (2022: 17,2). In der Papierindustrie sind das sogar 64,7 Prozent (2022: 0).

Geradezu ernüchternd sind die Zahlen bei der Befragung zur erwarteten Geschäftslage in der Papierindustrie: Hier gehen alle befragten Unternehmen von einer Verschlechterung der Situation aus. Anders ausgedrückt: Kein Unternehmen dieser Branche glaubt, dass sich die Geschäftslage im laufenden Jahr verbessern wird.

Neben dem Fachkräftemangel (56,7 Prozent) sind es vor allem die Energiepreise, die den Unternehmen zu schaffen machen. 90,8 Prozent der befragten Firmen sehen darin das größte Risiko für die Geschäftsentwicklung, bei der Papierindustrie sind es sogar 100 Prozent. 80 Prozent geben an, die gestiegenen Kosten zumindest teilweise an ihre Kunden weitergeben zu können. Fast alle Betriebe, nämlich 94,2 Prozent, haben Energiesparmaßnahmen eingeleitet. In den besonders energieintensiven Branchen wie der Papierindustrie, aber auch in der Textilindustrie haben weit mehr als 90 Prozent in Energieeffizienzmaßnahmen investiert. In der Papierindustrie haben darüber hinaus knapp 60 Prozent angegeben, ihre Produktion zu reduzieren, in der Textilindustrie waren das sogar 100 Prozent.

Inwieweit die kurz vor Weihnachten von Bundestag und Bundesrat beschlossenen Gas- und Strompreisbremsen Entlastung für die Unternehmen bringen und vielleicht sogar die Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu Betrieben im Ausland erhöhen, findet in der Konjunkturumfrage noch keinen Niederschlag. Im Dezember 2022 haben immerhin schon 12,8 Prozent der Betriebe über eine Verlagerung ihrer Produktion ins Ausland nachgedacht.

Die Herausforderungen der Industrie sind drastisch: Neben den immensen Energiepreisen gilt es, die Produktion aufrecht zu erhalten, die langfristige Existenz der Unternehmen zu sichern und darüber hinaus die mit Blick auf Nachhaltigkeit notwendige Transformation zu finanzieren. Nicht zu vergessen steigende Rohstoffpreise, die ein Großteil der Unternehmen bei der Konjunkturumfrage immer noch als enorm hohes Risiko für die Geschäftsentwicklung angegeben haben, Lieferengpässe, der Fachkräftemangel und eine Pandemie, deren Folgen immer noch nicht vollkommen beseitigt sind.

„Deutschland läuft Gefahr, in eine ernsthafte Rezession hineinzulaufen“, betont VIV-Vorsitzender Schmidt. „Die Konjunktursignale stehen auf Rot. Das machen auch die Zahlen der aktuellen Konjunkturumfrage einmal mehr als deutlich.“
Stark gestiegene Energie- und Rohstoffpreise, die Unsicherheit über die tatsächlichen Entlastungen insbesondere der sehr energieintensiven Betriebe, die vielerorts immer noch bestehenden Störungen der Lieferketten sorgten für eine nicht zu unterschätzende Schwächung der Wettbewerbsposition des Industriestandortes Deutschland. Schmidt: „Was ich sagen möchte: Die Politik muss jetzt handeln. Anders als im Dienstleistungsbereich, wo die negativen Auswirkungen unbedeutend sind, genau wie im stetig wachsenden Bereich des öffentlichen Dienstes und der Verwaltungen, in denen es deswegen kaum spürbare Einbrüche gibt, ist die Situation der Industrie dennoch mehr als schwierig. Es darf in Deutschland und auch im Kreis Düren nicht zu einer Deindustrialisierung kommen. Der Wohlstand dieses Landes und seiner Bürger basiert ganz entscheidend auf einer gesunden Wirtschaft.“

Die VIV haben sich mit vielen Mitgliedsfirmen mit der Frage befasst, ob die Energiepreisbremsengesetze die notwendige Entlastung bei den Energiekosten bewirken. Überzeugt ist man von dem Gesetzespaket in der Düren-Euskirchener Industrie bislang nicht. Einige Firmen müssen sich zunächst noch eingehender mit den komplexen energierechtlichen Regeln auseinandersetzen, um maßgebliche Effekte feststellen zu können.
Gerade größere mittelständische und zugleich energieintensive Betriebe, zu denen auch viele Papiererzeuger gehören, gehen davon aus, dass das Entlastungspaket unzureichend ist. Eindeutiges Ergebnis einer Frage an 65 Unternehmensvertretern war, dass die erforderliche Wettbewerbsfähigkeit der Firmen im internationalen Vergleich mit den Energiepreisbremsengesetzen nicht hergestellt wird.

Marc Schmitz, Geschäftsführer der Hammerwerk Erft G. Diederichs GmbH & Co KG in Bad Münstereifel bringt es auf den Punkt: „Wenn wir die Einsparungen, die uns die Energiepreisbremse bringt, an unsere Kunden weitergeben, bedeuten das lediglich Preisreduzierungen im einstelligen Prozentbereich. Das hilft uns im internationalen Wettbewerb überhaupt nicht.“

Kontakt:
Sandra Kinkel
T: 02421/4042-16
E-Mail: s.kinkel@vivdueren.de