VIV-Interview mit Claudia Steinhardt – Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Düren

VIV-Interview mit Claudia Steinhardt – Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Düren

Thema: Arbeitsmarkt/Ausbildungsmarkt

11-08Fr SteinhardtVIV: Die Entwicklung des Arbeitsmarktes in den letzten Jahren war auch in Düren eine Erfolgsgeschichte. Wie haben sich die Arbeitslosenzahlen in der Region in den letzten fünf Jahren konkret entwickelt?

Claudia Steinhardt: Der Höchststand der Arbeitslosigkeit wurde im Jahr 2006 mit einem Jahresdurchschnittswert von 14.745 und einer Arbeitslosenquote von 11,4 Prozent erreicht.

Danach sank die Arbeitslosigkeit kontinuierlich und stieg auch während der Wirtschafts- und Finanzkrise nur unwesentlich an. Im Juli dieses Jahres waren im Bezirk der Agentur für Arbeit Düren 10.872 Personen arbeitslos. Dies entspricht einer Quote von 8,2 Prozent. Gerade in den Sommermonaten steigt die Arbeitslosigkeit erfahrungsgemäß leicht an. Das liegt im Wesentlichen daran, dass sich junge Menschen zum Ende ihrer Berufsausbildung bei uns melden. Sie haben aber gute Chancen gleich wieder eine Anstellung zu finden.

VIV: Wie hat sich eigentlich die Höhe des durchschnittlich gezahlten Arbeitslosengeldes in den letzten fünf Jahren entwickelt?

Claudia Steinhardt: Im Jahr 2008 lag die Höhe des durchschnittlich gezahlten Arbeitslosengeldes bei rund 1.280 Euro und ist zum Jahr 2011 auf etwas über 1.400 Euro gestiegen.

VIV: Wie viele Arbeitslose vermitteln Sie in Vollzeitstellen, wie viele in Teilzeitstellen?

Claudia Steinhardt: Von den aktuell etwa 1.300 Stellen, die wir im Bestand haben sind durchschnittlich 10 bis 15 Prozent Teilzeitstellen. Von den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Kreis Düren arbeiteten im Dezember 2010 21,5 Prozent in Teilzeit, im Dezember 2005 waren es 18,5 Prozent. Ein Grund für den leichten Anstieg ist die Weiterentwicklung von flexiblen Arbeitszeitmodellen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder zur Gestaltung des Übergangs in den Ruhestand.

VIV: Wie sehen Sie die Arbeitsmarktchancen von jungen Müttern, die in Teilzeit wieder in den Beruf einsteigen möchten?

Claudia Steinhardt: Gerade junge Frauen, die ihre Berufstätigkeit für eine Familienphase unterbrochen haben, sind für Arbeitgeber interessant. Häufig sind diese Frauen gut ausgebildet, motiviert und haben Übung darin, sich zu organisieren. Das gilt im Übrigen auch für Alleinerziehende. Nach einer „Bedarfserhebung zur Situation Alleinerziehender in der Stadt Düren“ haben weniger als 5 Prozent keinen Schulabschluss, 60 Prozent haben eine Lehre oder sonstige Ausbildung absolviert und über 12 Prozent sogar ein abgeschlossenes Studium. Entscheidend ist allerdings, ob es gelingt, die Kindesbetreuung zu regeln. Betriebe sollten sich überlegen, welche Hilfestellungen sie dabei leisten können und auch flexible Arbeitszeitmodelle oder die Möglichkeit von Telearbeit anbieten.

VIV: Wie stellt sich aus Ihrer Sicht die Entwicklung der Leiharbeit dar?

Claudia Steinhardt: Der Anteil der Leiharbeitnehmer an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten lag im Dezember 2010 bei 3,3 Prozent und ist damit in den letzten 5 Jahren gegenüber 1,9 Prozent im Dezember 2006 deutlich angestiegen.

Schaut man sich die Beschäftigungsstruktur in der Zeitarbeit im Vergleich zur Gesamtstruktur aller Unternehmen an, so erkennt man deutlich, dass Zeitarbeit vor allem Arbeitslosen und Berufseinsteigern sowie Menschen ohne abgeschlossene Berufsausbildung die Chance zum (Wieder-)Einstieg in Arbeit bietet.

VIV: Wie sieht es aktuell auf dem Ausbildungsmarkt aus?

Claudia Steinhardt: Die Vorzeichen auf dem Ausbildungsmarkt beginnen sich allmählich umzukehren. Im Juli lag die Zahl der Bewerber um eine Ausbildungsstelle im Kreis Düren bei 1.798 und damit um 6,3 Prozent unter dem Wert des Vorjahres. Dagegen stiegen die der bei der Arbeitsagentur gemeldeten Ausbildungsstellen um 5,2 Prozent auf 1.427. Das ist aber erst der Anfang. Bis zum Jahr 2019 werden im Kreis Düren 23 Prozent weniger Schüler die Schulen verlassen als heute.

VIV: Inzwischen reden alle ziemlich plakativ vom Fachkräftemangel. Gibt es den bereits aktuell oder nur in einzelnen Berufen in der Region?

Claudia Steinhardt: Natürlich haben wir einen ziemlich guten Überblick über die Bedarfe der Unternehmen in der Region. Um es aber genau zu wissen, haben wir über 200 Institutionen und Betriebe zu genau diesem Thema in einer Fragebogenaktion angeschrieben. In nur 20 Prozent der Rückmeldungen gaben die Befragten an, dass für sie kein Mangel an Fachkräften wahrnehmbar sei. Alle anderen sehen einen allgemeinen oder auf bestimmte Berufe bezogenen Fachkräftebedarf.

VIV: Welche Berufe sind das?

Claudia Steinhardt: Ein wahrnehmbarer Fachkräftebedarf besteht nach der Auswertung der Fragebögen insbesondere in den Berufsfeldern Alten- und Krankenpfleger, Metallverarbeitung, Heizung-Klima-Sanitär, Kfz, aber auch bei Ärzten und Ingenieuren. Das deckt sich auch mit unseren Erkenntnissen.

VIV: Was können die Betriebe denn nun tun, um auch in Zukunft noch über ausreichend Fachkräfte zu verfügen?

Claudia Steinhardt: Ein erster Schritt ist es, sich die Altersstruktur im eigenen Betrieb anzuschauen und festzustellen, zu welchem Zeitpunkt Mitarbeiter mit welchen Qualifikationen gebraucht werden. Der Königsweg zur Fachkräftegewinnung ist nach wie vor, junge Menschen selbst auszubilden. Hier sollte das Augenmerk nicht zu sehr auf formelle Voraussetzungen wie Schulnoten, sondern mehr auf Interesse und Verlässlichkeit gelegt werden. Generell gesehen werden Personengruppen wie Ältere, Migranten, Alleinerziehende und Schwerbehinderte, die es bislang eher schwer hatten einen Job zu finden, für Unternehmen immer interessanter werden. Ideen und Flexibilität sind gefragt. Den Satz „Das geht bei uns nicht“ werden sich die Betriebe künftig kaum noch leisten können.

Ansprechpartner: Hans-Harald Sowka
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