Vereinigte Industrieverbände: In guten Zeiten für die Zukunft wappnen
Düren, 11.05.2015. Die Stimmung der Unternehmen in der Region hat sich seit Herbst letzten Jahres deutlich aufgehellt und auch Deutschland ist aktuell in einer guten Verfassung. Ein niedriger Ölpreis, moderate Rohstoffkosten und ein schwacher Euro beflügeln die Wirtschaft. Ein positives Bild, das auch Dr. Stephan Kufferath, Vorsitzender der Vereinigten Industrieverbände von Düren, Jülich, Euskirchen und Umgebung e.V. (VIV), zeichnet. In seiner Rede bei der diesjährigen VIV-Jahreshauptversammlung auf Schloss Burgau betonte er, wie wichtig es sei, sich gerade in guten Zeiten für die Zukunft zu wappnen.
Als eine der größten Herausforderungen für Deutschland in den nächsten Jahren nannte Kufferath die Energiewende. Sie müsse zu vertretbaren Kosten gelingen. Der deutsche Sonderweg bedeute für Industrie und Verbraucher auch Sonderlasten, die andere Länder nicht hätten und die die deutsche Wettbewerbsfähigkeit gefährden.
Kritisch sieht der VIV-Vorsitzende zudem die Prioritätensetzung der Bundesregierung bei sozialpolitischen Themen wie Mütterrente und der Rente mit 63: „Das wird uns in einigen Jahren noch teuer zu stehen kommen: Entweder steigen die Steuern oder die Beiträge zur Sozialversicherung“, ist sich Kufferath sicher.
Den Arbeitgebern macht die Überregulierung des deutschen Arbeitsmarktes erheblich zu schaffen: Elternzeit, Zeitarbeit, Werkverträge, Mindestlohn, Frauenquote, Entgeltgleichheit, Rechtsanspruch auf befristete Teilzeit – die Regulierungswut der Politik belastet die Unternehmen zunehmend. Das Resultat ist ein Dickicht aus Intransparenz und Bürokratie, das niemand mehr durchschaut.
Unternehmen nicht überfordern
Insgesamt neige die deutsche Politik dazu, die Unternehmen in ihrer Leistungsfähigkeit und Leidensfähigkeit zu überschätzen, erklärte Kufferath. Dies hänge möglicherweise auch mit einer völlig falschen Vorstellung in Politik und Öffentlichkeit von der Größe der Unternehmen in Deutschland zusammen. So beschäftigen laut Statistischem Bundesamt nur 1,6 Prozent der Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes in Deutschland mehr als 250 Mitarbeiter. „Wir als Vereinigte Industrieverbände von Düren, Jülich und Euskirchen haben 140 Mitgliedsunternehmen. Davon haben mehr als die Hälfte weniger als 100 Mitarbeiter und nur acht Unternehmen haben mehr als 500 Mitarbeiter“, erläuterte Kufferath. Auch die Gewinne von Unternehmen würden deutlich überschätzt. So erwirtschafte beispielsweise kaum ein Drittel der Unternehmen in der deutschen Vorzeigebranche, der Metallindustrie, eine Nettoumsatzrendite von mehr als vier Prozent.
Reform der Erbschaftssteuer
Eine Gefahr der Überforderung insbesondere von familiengeführten, mittelständischen Unternehmen sieht Kufferath auch bei der aktuellen Diskussion zur Reform der Erbschaftssteuer. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber aufgegeben, bis Mitte 2016 die steuerbegünstigte Vererbung von Unternehmen neu zu regeln. Kufferath plädierte auf der VIV-Jahreshauptversammlung dafür eine Lösung zu finden, die es erlaubt, Familienunternehmen unbeschadet an die nächste Generation weiterzugeben: „Das Finanzamt will die Steuern in bar. Wenn das Geld aber in Maschinen und Gebäuden investiert ist, ist dieses Bargeld so nicht vorhanden. Wir wollen aber nicht, dass die nächste Unternehmergeneration Anteile an fremde Investoren verkaufen muss, um dieses Bargeld aufzutreiben. Wir wollen die lokalen, unabhängigen Familienbetriebe erhalten.“
Industrie 4.0
Eines der Mega-Themen der nächsten Jahre ist die viel diskutierte Digitalisierung der Unternehmen („Industrie 4.0“). Auch für kleine und mittelständische Unternehmen ist es fundamental wichtig, sich mit dieser neuen Herausforderung auseinanderzusetzen. Nur wer die notwendigen Rahmenbedingungen für die Digitalisierung seiner Produktion schafft, kann dauerhaft am Markt bestehen.
Erste Impulse zum Thema vermittelte Prof. Dr. Günther Schuh, der diesjährige Festredner der VIV-Jahreshauptversammlung, in seinem Vortrag „Industrie 4.0 – Chancen und Risiken“. Prof. Schuh ist Direktor des Werkzeugmaschinenlabors der RWTH Aachen und des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie. Zudem ist er Direktor des Forschungsinstituts für Rationalisierung an der RWTH Aachen.
Die Vereinigten Industrieverbände haben 140 Mitgliedsunternehmen mit rund 16.000 Beschäftigten. 2014 erzielten die Mitgliedsunternehmen in der Region einen Umsatz von rund 3,874 Milliarden Euro.
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