VIV-Interview mit Herrn Peter Münstermann MdL

Herr Münstermann, Sie sind seit drei Jahren Landtagsabgeordneter, warum wollen Sie jetzt Landrat werden?
Am 13. Mai 2012 haben mich die Menschen im Nord-Kreis Düren als Abgeordneten in den Landtag gewählt. Über 25.000 Wählerinnen und Wähler haben mir ihr Vertrauen geschenkt und mich zu ihrem Volksvertreter gemacht – dafür bin ich ihnen sehr dankbar. Sie sind mein Ansporn und der Grund, warum ich u. a. viele Veranstaltungen besuche. Ich möchte für die Menschen da sein und ihnen helfen, ihre Probleme zu lösen. Menschen, die mir begegnen, sollen auf mich zukommen und mich ansprechen. Ich glaube, in den letzten drei Jahren konnte ich einiges zur Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger umsetzen.

Mir ist jedoch bei meiner Arbeit im Landtag bewusst geworden, dass man als einer von 237 Abgeordneten – selbst innerhalb der Mehrheitsfraktionen – oft nicht alles für seine Heimat herausholen kann, da die anderen Abgeordneten ebenfalls für die Interessen ihrer Regionen kämpfen. Ich bin der festen Überzeugung, als Landrat mehr Gestaltungsmöglichkeiten zu haben, welche den Menschen vor Ort weiterhelfen. Mit ihnen und für sie möchte ich unseren Kreis besser machen.

Wo konnten Sie im Landtag persönlich Akzente setzen?
Als ordentliches Mitglied der SPD-Landtagsfraktion in den Ausschüssen für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk, sowie für Europa und Eine Welt und als Fraktionssprecher im Unterausschuss Bergbausicherheit lag mein Schwerpunkt auf der Energie- und Wirtschaftspolitik. Es wäre allerdings vermessen zu behaupten, nur durch mein Engagement seien verschiedene Maßnahmen realisiert worden. Schließlich entscheide ich als Abgeordneter nicht alleine über Gesetze. Dennoch möchte ich an dieser Stelle einige regionale Projekte aufzählen, an denen ich maßgeblich beteiligt war und die es ohne meinen Einsatz eventuell nicht gegeben hätte:

• Erhalt und Vermietung der Polizeischule Linnich
• Unterstützung für das Zustandekommen der Gesamtschule Aldenhoven/Linnich
• Weiterbau der L12n (Langerwehe/Inden) und L14n (Jülich)
• Endausbau der Straßen im Ortsteil Pier
• Hilfeleistung bei der Vermarkung des alten Campus Jülich BLB/Finanzministerium
   und eines großen Grundstücks in Aldenhoven
• Bereitstellung von Fördermitteln für die Kapelle Geich und die Kommende
   Siersdorf durch die BZ Köln und das NRW-Bauministerium
• Fertigstellung eines Fußweges in Nörvenich entlang der L477
• Unterstützung beim Gewerbegebiet Merscher Höhe
• Erhalt des Königlichen Lehrseminars Linnich
• Hilfeleistung bei der Einrichtung einer Geriatrie im Krankenhaus Jülich
• Konzept Malefinkbach in Linnich
• Unterstützung zur Einrichtung einer Bus-Haltestelle bei Rurtec (ehem. Glashütte)
• Beendigung der Kahlschläge Naturpark Nordeifel
• Unterstützung bei der Umgehungsstraße Frauwüllesheim

Was ist in den letzten fünf Jahren im Kreis gelungen, was eher nicht?
Ein toller Erfolg ist das Projekt „Kein Kind zurücklassen“, das in Kreuzau als eine von 18 Modellkommunen in Nordrhein-Westfalen umgesetzt wird. Dieses von der Landesregierung initiierte Präventionsprojekt wird dort vor Ort vorbildlich umgesetzt. Unsere Kinder sind unsere Zukunft. Ich möchte eine nachhaltige und familienfreundliche Politik in allen Feldern der Sozialpolitik, damit Familien besser gefördert werden und diese wieder im Mittelpunkt unseres Handelns stehen.

Was im Kreis Düren nicht gut funktioniert, ist die Wirtschaftsförderung. Hier liegen – schon seit mehr als fünf Jahren – Potenziale brach, die endlich ausgeschöpft werden müssen. Wirtschaftsförderung ist für mich eines der Zukunftsthemen schlechthin. Das Team im Kreishaus, das dieses essenzielle Thema bearbeitet, ist viel zu klein. Es ist leider nicht verwunderlich, dass unser Kreis Düren im diesjährigen bundesweiten FOCUS-Ranking der Landkreise und kreisfreien Städte zur Wirtschaftsstärke (Ausgabe 22/15) nur auf Platz 320 von 402 lag. Im Jahr 2003 rangierte unsere Region noch auf Platz 48! Für mich wäre die Wirtschaftsförderung Chefsache. Der Kreis braucht einen Struktur-Gewerbe-Masterplan in Verbindung mit einem Energie-Masterplan, damit alle Möglichkeiten, die der Kreis bietet, sichtbar und konsolidiert werden. Dazu ist es erforderlich, möglichst viele Akteure zu beteiligen. Ich denke da beispielsweise an Gewerbetreibende, die Industrie, das Handwerk, Architekten, Energieunternehmen, Hochschulen und vieles mehr.
Aus meiner Abgeordnetentätigkeit weiß ich, wie viele gute Förderprogramme das Land z. B. für Gründerinnen und Gründer bereitstellt. Diese Mittel kommen – wie viele andere Landesmittel auch – oft im Kreis Düren nicht an. Das sind Gelder, die unserer Region gut tun würden. Meine guten Kontakte nach Düsseldorf möchte ich als Landrat nutzen, um diese Mittel zukünftig in den Kreis zu holen.

Was sind Ihre Kernanliegen für die Entwicklung des Kreises in den nächsten Jahren?
Ich war, bin und bleibe immer ein Arbeitnehmervertreter. Deshalb ist es mir wichtig, dass Transferleistungen Arbeit finanzieren sollten, keine Arbeitslosigkeit! Seit unser Kreis „Optionskommune“ geworden ist, sehe ich dadurch keinen Vorteil gegenüber der Alternative „ARGE“. Wir müssen die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften senken und die Quote der Vermittlungserfolge steigern. Es ist wichtig, dass wir mehr Menschen im Kreis – auch über den Umweg 2. Arbeitsmarkt – in Beschäftigungsverhältnisse bekommen. Um den Arbeitsalltag von Eltern zu erleichtern, ist es zudem notwendig, die KiTa-Bedarfsplanung stärker an den Familienbedürfnissen (z. B. Öffnungszeiten) zu orientieren. Ein rein quantitativer Angebotsausbau nützt hier nicht viel. Gemeinsam mit den Kommunen und Trägern will ich hier schnell umsetzbare Lösungen erarbeiten. Die Lebensleistung von Senioren möchte ich durch die Bekämpfung von Altersarmut honorieren. Hier sind sowohl die Einkommens- als auch die Informationsarmut Probleme, die zu beheben sind. Wer sein Leben lang hart gearbeitet hat, darf nicht nur auf Grund seines Alters gesellschaftlich isoliert werden. Deshalb ist eine wohnortnahe Grundversorgung mein Ziel. Für junge Menschen möchte ich außerdem einen Anreiz schaffen, auch während ihrer Ausbildungszeit in der Region zu bleiben. Ich forciere deshalb die Ansiedlung eines Hochschulablegers in der Stadt Düren. Hochqualifizierte junge Menschen dürfen nicht immer nur aus dem Kreis Düren abwandern – dafür braucht es entsprechende Angebote!
Ein weiteres Kernanliegen ist für mich die Entlastung unserer Kommunen. Sie geben durch die Kreis- und Jugendamtsumlage große Geldbeträge an den Kreis ab. Aktuell betragen diese zusammen 73 Prozent und liegen damit ca. 20 Prozent über dem NRW-Durchschnitt. Seit 1999 wurde die Umlageerhebung verdoppelt. Es verwundert kaum, dass die Städte und Gemeinden darunter leiden, denn der Kreis nimmt ihnen die Luft zum Atmen. Die Anhebung der Grund- und Gewerbesteuern ist oft die Folge. Diese Umlagen müssen sinken!

Sie haben angekündigt, im Kreishaushalt sparen zu wollen. Wo sehen Sie das Einsparpotenzial ganz konkret?
Sollte ich am 13. September von den Bürgerinnen und Bürgern im Kreis Düren zu ihrem neuen Landrat gewählt werden, wird es eine meiner ersten Aufgaben sein, einen vollumfänglichen Kassensturz zu machen. Zwar ist der Kreishaushalt öffentlich einsehbar, aber auch bei den vielen Gesellschaftsbeteiligungen des Kreises liegen Einsparpotenziale. Diese Posten werde ich mir genau ansehen. Zudem bin ich der festen Überzeugung, dass der Kreis auf lange Sicht nicht weiter alle freiwilligen Aufgaben ausüben kann, die er zurzeit übernimmt. Deshalb trete ich dafür ein, dass die Kernaufgaben der Kreisverwaltung neu definiert werden. Ich versichere jedoch: Mit mir als Landrat wird es im sozialen Bereich keine Kürzungen geben!
Ich halte es für äußerst wichtig, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kreisverwaltung in diesen Prozess aktiv einzubinden. Sie sind es, die tagtäglich für ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger als Dienstleister fungieren. Sie wissen am besten, wo Abläufe verbessert werden können und wo Geld gespart werden kann. Durch ein solches Strukturkonzept hat etwa die Städteregion Aachen für den Zeitraum von 2015-2025 Einsparpotenziale von bis zu 47,5 Millionen Euro ausfindig machen können. Dies traue ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Kreishaus ebenfalls zu. Ich finde übrigens, dass sich unser Kreis generell deutlich mehr an Best-Practice-Beispielen anderer Kommunen orientieren sollte.

Wie wird der Kreis mit der Flüchtlingssituation fertig – aktuell und in den nächsten Jahren? Das ist ja nicht nur eine Finanzierungsfrage.
Die Menschen, die zu uns kommen, sind auf der Flucht vor Krieg, Zerstörung und Tod. Viele haben alles riskiert und alles verloren, um dem unvorstellbaren Leid und Elend in ihrer Heimat zu entkommen. Wir alle sind gefordert, hier Solidarität zu zeigen. Ich bin froh und stolz, dass sich im gesamten Kreisgebiet aktuell unzählige Menschen auf ehrenamtlicher Basis dazu bereiterklären, diesen Menschen zu helfen. Dazu investieren sie ihre Arbeitskraft, ihr Geld und vor allem ihre Freizeit. Ein solch vorbildliches bürgerschaftliches Engagement ist ein elementarer Grund dafür, dass sich die Lebenssituation von Flüchtlingen vielerorts stark verbessert hat.
Doch das Ehrenamt kann diese Aufgabe nicht alleine schultern. Die Politik, Verwaltungen und die Wirtschaft haben die dringende Aufgabe hier mitzuhelfen und zusammenzuarbeiten. In Zeiten des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels sollten wir die Menschen, die zu uns kommen mit offenen Armen empfangen und willkommen heißen. Wir sollten sie gesellschaftlich und beruflich integrieren – meistens bedingen sich diese Faktoren sowieso. Integration, Bildung, Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsförderung sind für mich Themen, die zusammengehören. Diese möchte und werde ich als Landrat im Kreis Düren besser verzahnen.

Ansprechpartner: Hans-Harald Sowka
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