VIV-Interview mit Herrn Heinrich Klocke, Geschäftsführer der Stadtwerke Düren GmbH

Herr Klocke, die Strompreise haben sich für die Industrie in den letzten fünf Jahren wie entwickelt?
Die Strompreise für die deutsche Industrie haben nach einer Studie des BDEW im Zeitraum 2012 bis 2016 eine recht unterschiedliche Entwicklung genommen. Stiegen sie bis 2014 noch an, ist derzeit eine leicht rückläufige Tendenz zu verzeichnen.

Bei genauerer Betrachtung stellt man fest, dass sich die einzelnen Preisbestandteile in den letzten fünf Jahren sehr unterschiedlich entwickelten. Während die Preise für Beschaffung sanken, stieg der EEG-Anteil am Strompreis dagegen drastisch, von 3,592 Cent (2012) auf 6,354 Cent im Jahr 2016 (+76 Prozent).
Ähnlich wie bei den privaten Haushalten, liegt auch bei den Strompreisen der Industrie der Grund für den Preisanstieg im stetig größer werdenden Anteil der staatlichen verordneten Steuern, Gebühren und Abgaben. Er beträgt inzwischen über 50 Prozent.

Wie sieht heute die Stromrechnung für ein beispielhaftes Unternehmen mit 100 oder 200 Beschäftigten aus?
Im Bereich der mittelständischen Industrieunternehmen wird mittlerweile immer über einen reinen Energiepreis gesprochen. Dieser Energiepreis spiegelt für uns Beschaffung und Vertrieb wieder und findet sich auch so auf der Rechnung, da in der Regel der Strom-Handel und die Netznutzung separat berechnet werden. Im Handel schlagen neben dem Beschaffungspreis die EEG- Umlage sowie die Stromsteuer zu Buche. In der Netznutzung wird getrennt zwischen dem reinen Arbeitspreis Netz sowie dem Leistungspreis.
Bei einem Unternehmen in der genannten Größenordnung kann man beispielhaft von einem Verbrauch von etwa 8,4 GWh und einer Jahreshöchstleistung von 1.600 kW ausgehen. Die Jahresenergiekosten liegen inklusive aller Abgaben, Umlagen sowie Netzentgelten aktuell etwa bei 1,2 Millionen Euro pro Jahr.

Welche Kostenanteile entfallen auf EEG-Umlage und Netzentgelte?
Betrachtet man die Daten vom Jahr 2016, so entfallen nach der BDEW Studie auf die
EEG-Umlage rund 42 Prozent. Die Netzentgelte lagen bei dem o. g. Beispiel in einer Größenordnung von rd. 12 Prozent, was in etwa 150 T Euro ausmacht.

Nach dem Gesetzentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums sollen die unterschiedlichen Netzentgelte vereinheitlicht werden. Dies kostet die Wirtschaft in NRW 500 Millionen Euro, sagen die Industrie- und Handelskammern. Wie stellt sich das aus der Sicht eines Beispielunternehmens dar mit den Mehrkosten?
Die Mehrkosten für ein beispielhaftes Unternehmen, wie vorab beschrieben, wären signifikant. Fest steht, dass die Netzentgelte im Gebiet des Übertragungsnetzbetreibers Amprion und somit auch der Leitungspartner im Zuge der Vereinheitlichung steigen würden. Wie genau diese Steigerung aussehen wird, ist auf Grund einer kaskadischen Verteilung vom Übertragungsnetzbetreiber Amprion, auf den Verteilnetzbetreiber Westnetz, hin zum lokalen Netzbetreiber Leitungspartner GmbH in Düren nur schwer prognostizierbar. Laut einer Studie des Energiewirtschaftlichen Instituts der Universität zu Köln (EWI) dürften die Mehrkosten für das Beispielunternehmen aus der zweiten Frage in einer Größenordnung von 19 Prozent bezogen auf die Netzentgelte liegen. Je höher jedoch die Spannungsebene ist, an der die Unternehmen angeschlossen sind, desto ausgeprägter sind die Veränderungen. So müssen Industrieunternehmen, die direkt am Amprionnetz angeschlossen sind, mit Steigerungen der Netzentgelte von über 60 Prozent rechnen.

Wie verteuert sich die Stromrechnung eines Vierpersonenhaushaltes per anno, wenn das Gesetz so in Kraft treten würde?
Nach Berechnungen unserer Branchenverbände VKU und BDEW ergeben sich Mehrkosten von über 30 Euro per anno.

Macht diese Umverteilung der Netzentgelte aus Ihrer Sicht Sinn oder haben Sie einen Alternativvorschlag?
Die Umverteilung macht aus unserer Sicht keinen Sinn. Bereits über die EEG- Umlage werden Bürger und Unternehmen in NRW im Gegensatz zu den meisten anderen Bundesländern deutlich belastet. Im Jahr 2014 haben Sie 3,1 Mrd. Euro mehr EEG-Umlage gezahlt als an EEG-Vergütungen an EEG-Anlagenbetreiber in NRW zurückfloss. Einheitliche Netzentgelte würden diese Tendenz noch weiter verschärfen. Die Mittel flössen dann in die Wertschöpfung anderer Bundesländer statt die Wirtschaft vor Ort in NRW zu stärken. Es würde dazu führen, dass NRW-Stromkunden den Netzausbau gerade in Ländern mitfinanzieren, die von hohen EEG-Vergütungen profitieren.
Wir sehen einen grundsätzlichen Regelungsbedarf bei der Ausgestaltung der Netzentgeltsystematik aufgrund der Energiewende. Die Vereinheitlichung der Entgelte setzt hier aber das falsche Signal, vielmehr erfordert die zunehmende dezentrale Erzeugung die Anpassung der Entgeltsystematik insgesamt.

Wie stehen eigentlich die Stadtwerke im Wettbewerb da?
Die Stadtwerke Düren sehen sich in einer aktuell positiven Ausgangssituation. Neben der reinen Lieferung von Energie sehen wir die Beratung von Kunden als eines unserer wichtigsten Aufgabengebiete an. Hier spielen neben den Einsparungsmöglichkeiten bei den Netzentgelten auch die Umlagen und Steuern eine wichtige Rolle. Auch in den Themen Eigenerzeugung durch Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen oder Photovoltaik und somit der nachhaltigen Kostensenkung unterstützen wir unsere Kunden gerne sowohl bei der Planung, Umsetzung und auch der Finanzierung von Projekten. In diese Richtung werden wir unser Produktportfolio in den nächsten Jahren verstärkt entwickeln und sehen uns als Energiedienstleister, der seinen Kunden im immer komplexer werdenden Energiemarkt hilfreich zur Seite stehen möchte.

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