VIV-Interview mit Herrn Paul Zündorf – Baudezernent bei der Stadt Düren

Herr Zündorf, was sind eigentlich die Hauptaufgaben eines Baudezernenten?
Der Baudezernent einer Stadt ist der Chef der gesamten Bauverwaltung, also der Ämter der Stadt, die die bauliche Entwicklung der Stadt planen. Hierzu gehören z. B. das Amt Stadtentwicklung und Umwelt, das Tiefbauamt, das Hochbauamt und das Bauverwaltungsamt.

Auch der Dürener Servicebetrieb gehört zum Baudezernat, er gestaltet aber seine Aufgaben als Eigenbetrieb der Stadt weitgehend selbstständig.
Der Baudezernent entwickelt mit den Leitern der Ämter und dem Verwaltungsvorstand die lang- und mittelfristigen Ziele der Stadtentwicklung und legt die Rahmenbedingungen für die städtischen Baumaßnahmen fest.

Blicken wir einmal in die Zukunft und an das Ende Ihrer Amtszeit in fünf Jahren: Was wollen Sie bis dahin erreicht haben?
Die generellen Trends für Düren sind zukünftig:
– demografischer Wandel der Gesellschaft,
– globaler Wettbewerb der Wirtschaft und
– globaler Klimawandel.

Diesen Trends Rechnung tragend, müssen wir z. B. bei der Entwicklung des Wohnens in Düren uns um eine zunehmend älter werdende Stadtbevölkerung kümmern, gleichzeitig aber auch den Zuzug junger Familien in den Blick nehmen. Das zur Zeit in Arbeit befindliche „Handlungskonzept Wohnen“ geht hierauf ein, indem Entwicklungen attraktiven Wohnraums in der City vorbereitet werden (z. B. das Heydergelände) zugleich aber auch noch neue stadtnahe Wohngebiete für Familien (z. B. Gelände am Cornetzhof).
Speziell für Düren aber gilt: Die Sozialstruktur der Bevölkerung ist unterdurchschnittlich, das Einkommensniveau im NRW-Vergleich zu niedrig und es gibt im Vergleich sehr viele Hilfeempfänger. Das drückt auf die Kaufkraft. Leistungsträger, d. h. gut ausgebildete Menschen mit ordentlichem Einkommen, werden nur in Düren bleiben bzw. neu zuziehen wenn es uns gelingt, ein breit gefächertes Angebot an attraktiven Arbeitsplätzen und Wohnungen zu schaffen. Hier liegen die Schwerpunkte unserer Aufgaben, um Düren fit für die Zukunft zu machen.

Wo sehen Sie aktuell Ihre Schwerpunktaufgaben?
Die Schwerpunkte meiner Tätigkeit sehe ich darin, Stadtentwicklungsprozesse anzustoßen und zu begleiten, die Düren in den nächsten Jahren wirklich voranbringen.

Im Mittelpunkt stehen hier u. a.:
– der Masterplan Innenstadt,
– das Handlungskonzept Wohnen,
– das Gewerbeflächenentwicklungskonzept (Wirtschaftstrukturkonzeptes),
– der neue Flächennutzungsplan für Düren, dessen Bearbeitung im nächsten Jahr beginnen soll und die ca. zwei bis drei Jahre dauern wird bis zur Rechtskraft.

Alle diese Prozesse müssen sich in intensivem Dialog zwischen Stadtverwaltung und Rat einerseits und der Stadtgesellschaft andererseits entwickeln. Handeln im Konsens mit den Akteuren der privaten Wirtschaft, von Industrie und Handel sowie den Wohnungseigentümern ist hierbei unerlässlich. Ohne Investitionsbereitschaft, z. B. beim innerstädtischen Wohnungsbau, wird nichts laufen.

Ich verstehe mich hier zu allererst als Moderator zwischen den verschiedenen Kräften der Stadtgesellschaft: Politik, Wirtschaft, Sozialinstitutionen und Bürger.

Was sind aus Ihrer Sicht die größten Schwachpunkte in der Stadtentwicklung? Anders: Was ist in den letzten 20 Jahren schiefgelaufen?
Gestatten Sie mir dies am Beispiel der Innenstadt zu erläutern:
Hier hat sich der Blick in den letzten Jahren zu sehr auf den Handel gerichtet; es ist versucht worden, Standortvorteile zu schaffen durch Optimierung der Verkehrsinfrastruktur, Umgestaltung von Straßen und Plätzen und Begrenzung von großflächigen Handelsbetrieben vor den Toren der Stadt; dies hat nicht ausgereicht, um die Lage des Einzelhandels zu stabilisieren:
Das Mietniveau für Geschäftslokale in der Innenstadt hat sich in den letzten Jahren weiter nach unten entwickelt. Die sogenannte 1a-Lage schrumpft von den Rändern her. Leerstände und Billiganbieter häufen sich.
Das ist kein spezielles Dürener Phänomen sondern auch andernorts weit verbreitet. Es ist auf veränderte Einkaufsgewohnheiten (Internet), großflächige Märkte außerhalb der Innenstädte und das Übergewicht der Oberzentren zurückzuführen. Konzepte alleine für den Handel reichen nicht aus. Helfen kann nur eine multifunktionale Entwicklung des Zentrums, die die zentralen urbanen Funktionen (Kultur, Freizeiteinrichtungen, Bildungsangebote, Gastronomie etc.) und vor allem auch qualitativ gute Wohnungen einbezieht. Neben Neubauprojekten sind hier insbesondere die einzelnen Hauseigentümer in der Pflicht: Es stehen viele Wohnungen in der Kernstadt leer oder sind in sanierungsbedürftigem Zustand. Die Eigentümer müssen sich entscheiden, ob sie wie bisher ausschließlich auf Ladennutzungen in den Erdgeschossen setzen wollen oder ihre zum Teil leerstehenden Wohnungen modernisieren und so einen Beitrag zu mehr Nachfrage aus der eigenen Bevölkerung und damit zu der Vitalisierung der City leisten wollen.
Das Zinsniveau ist derzeit auf Rekordtief und es stehen öffentliche Darlehen zu besten Konditionen zur Verfügung. Im Rahmen des Masterplanes werden wir den Dialog mit den Eigentümern hierüber führen durch kostenlose Erstberatung durch einen Architekten. Dieses hat in der Josef-Schregel-Straße schon begonnen.

Die Qualität des Warenangebotes wird einerseits durch die Kaufkraft der Wohnbevölkerung im Einzugsbereich der City bestimmt und umgekehrt zieht ein hochwertiges Angebot Kaufkraft an. Der Dürener Wochenmarkt ist ein gutes Beispiel. Hier stimmt alles. Warenangebot, Atmosphäre und Kundenstruktur sind exzellent.
Wir müssen einerseits mehr kaufkräftige Menschen im fußläufigen Bereich der Innenstadt ansiedeln durch Schaffung von mehr hochwertigem Wohnraum; gute Beispiele sind hier die Stadthäuser an der Oberstraße, Bismarckstraße und am Rurufer. Hiervon brauchen wir mehr. Nicht nur die Nachfrage nach Waren wird gestärkt, sondern auch nach Kultur- und Freizeitangeboten, Gaststätten und vielem mehr, was urbanes Stadtleben ausmacht. Hierdurch wird die Innenstadt außerhalb der Geschäftszeiten belebter, also sicherer.
Zudem sind die Aufenthaltsqualität, das Erscheinungsbild, die Sauberkeit und Sicherheit von entscheidender Bedeutung für eine attraktive Innenstadt für Bewohner und Besucher. Mit allen diesen Themen befasst sich der Masterplan Innenstadt. Hieran arbeiten wir aber auch im Tagesgeschäft. An der Erhöhung der Präsenz des Ordnungsamtes in verstärkter Zusammenarbeit mit der Polizei geht m. E. aber kein Weg vorbei.

Zweites Beispiel: Die Schaffung von attraktiven Arbeitsplätzen. Nur wenn uns dies gelingt werden junge Leute nach Düren ziehen, Familien gründen; bzw. junge Dürener nach Schul- und Berufsausbildung der Stadt nicht den Rücken kehren. Hier hat die Stadt in den letzten Jahren den richtigen Weg beschritten und florierende Gewerbegebiete; z. B. die Automeile an der Stockheimer Landstraße, erschlossen (gemeinsam mit der Nachbargemeinde Kreuzau).
Allerdings ist das Gewerbeflächenpotenzial in Düren weitgehend ausgeschöpft. Die ausgewiesenen gewerblichen Bauflächen sind zu 95 Prozent belegt. Die Stadt hat in den zurückliegenden Jahren so viele Gewerbegrundstücke verkauft wie keine andere Stadt im Kammerbezirk Aachen. Die Vorgaben des neuen Landesentwicklungsplanes NRW (LEP) werden äußerst restriktiv sein und Neuausweisungen von Gewerbeflächen engste Grenzen setzen.
Was wir deshalb brauchen ist ein Wirtschaftsstrukturkonzept, das die Wirtschaftsförderung der Stadt zurzeit vorbereitet und das beantworten soll, wie die Dürener Wirtschaft im regionalen und globalen Feld aufgestellt ist und Ansatzpunkte für möglicherweise notwendige Umstrukturierung liefert. Hierauf aufbauend muss ein Gewerbeflächenkonzept erarbeitet werden, das schließlich Eingang in den neuen Flächennutzungsplan finden wird.

Pläne, wie Düren in 20 Jahren aussehen könnte gibt es doch sicher genug in der Schublade, oder?
Pläne gibt es viele gute in den Schubladen der Stadtverwaltung. Auf ihre Umsetzung kommt es an. Ich wünsche mir, dass Düren in 20 Jahren eine Stadt mit guten Wohn- und Arbeitsverhältnissen und hohem Freizeitwert sein wird; eine Stadt der Bildung und Kultur (ist sie schon heute), mit florierender Wirtschaft und Handel, in dessen Zentrum sich Bewohner und Besucher wohlfühlen.
Vor allem wünsche ich mir, dass die Dürenerinnen und Dürener die Qualitäten ihrer Stadt erkennen und aufhören, schlecht über ihre Stadt zu reden.

Herr Zündorf, Sie haben von 1984 bis 2001 in der Stadtverwaltung gearbeitet, danach waren Sie fast 12 Jahre Baudezernent in Euskirchen. Was hat Sie bewogen zurückzukommen?
Ganz einfach: Düren ist meine Heimatstadt.

Ansprechpartner: Hans-Harald Sowka
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